Wednesday, July 9, 2008

In which the author passes as the other

Ich rede und schreibe ja gerne über die Diskursivität des Lebens im allgemeinen und des menschlichen Körpers im besonderen. Postmodern verdorben wie ich bin, ist mir ja nicht nur nichts heilig, sondern auch nichts natürlich. Die ganze Idee ist aber freilich nicht von mir, sondern von der sehr verehrten Frau Butler, die wie die geneigte Leserin sicher weiss, sowohl Geschlecht (sex) als auch Geschlechtsidentität (gender) als Performanz interpretiert. Diese Performanz darf aber nicht irgendwie sein, wie es uns gerade gefällt, sondern soll lesbar (intelligible) sein, damit die schöne Heteronormativität nicht gestört wird und sich auch jeder auskennt.

Für das tägliche Leben heisst das, dass wir immer und überall Körper lesen und auch gelesen werden. Die meiste Zeit fällt uns das gar nicht auf, aber das haben normalisierende Diskurse hinterhältigerweise so an sich.

Neulich erlebte ich aber am eigenen Leib eine ganz wunderbar originelle Lesart, die mir nun auf alle Ewigkeiten als Beweis für die kulturelle Konstruktion von Körper dienen wird.

Und das ist die Geschichte dazu: Vor kurzem hatten wir hier am Department einen Gastvortragenden aus Indien hier. Das war ein älterer Herr, der auch durchaus indisch aussah. Nachdem meine Kollegin (groß, blond und mit irischen Akzent) und ich (wie ich halt so aussehe und spreche) ihn vom Bahnhof abgeholt hatten, brachten wir ihn zu seinem B&B. Dort gab es ein bißchen Verwirrung wegen der Reservierung, aber eigentlich war alles in Ordnung. Der Herr aus Indien bezog sein Einzelzimmer und wollte seinen Vortrag durchgehen und meine Kollegin und ich gingen zurück ans Department. Kaum dort angekommen, klopfte es an meine Bürotür und unsere Sekretärin kam kichernd herein. Sie hatte gerade mit dem B&B-Wirt telefoniert, der wollte nämlich fragen, warum wir für den indischen Herrn und seine Gattin nur ein Einzelzimmer bestellt hätten. Als unsere Sekretärin die Präsenz einer Gattin vehement bestritt, bestand der gute Landlord darauf, dass eine der beiden Damen, die mit dem indischen Herrn bei ihm waren, die Gattin sei und ging dazu über diese zu beschreiben: "Dark hair, glasses and of Asian descent." Das war dann wohl ich.

Nett, nicht? Man kann meinen Körper also als den einer indischen Professorengattin lesen. Ein wenig Sorgen bereitet mir, dass man mir einen 1.60 großen Ehemann im Rentenalter zutraut. Andererseits überlege ich aber auch, ob ich mich nicht in Bollywood bewerben sollte.

1 comment:

Demonic Tutor said...

"einen 1.60 großen Ehemann im Rentenalter zutraut"

Sieh's positiv, immerhin ist er dir intellektuell gewachsen (nehme ich mal an, wenn ihr den extra einfliegt und dann auch noch zu zweit abholt).

Jedenfalls musste ich mal wieder lauthals lachen! "of asian descent", ha!