Saturday, August 2, 2008

Demokratie und Provinz

Als Nation möchte man ja gerne so sein wie Italien. Die deutschen Nachbarn, zum Beispiel, hüllen sich in Decken und setzen sich auch bei Minusgraden ins Freie, um auch ja allen zu zeigen, dass auch sie ganz spontan "una bella figura" machen können, scheitern aber natürlich kläglich am Kaffee. Mit dem hat Österreich keine Probleme, aber auch wir haben uns das südliche Nachbarland als Vorbild gewählt und wollen auch möglichst viele Regierungen in möglichst kurzer Zeit haben. Im Herbst wählen wir also wieder einmal verfrüht einen neuen Nationalrat.

Da ich eine pflichtbewusste Staatsbürgerin bin, aber in der Diaspore wohne, brauche ich eine Wahlkarte. Die, sagten die österreichischen Medien, sind jetzt erneuert, ursuper und in allen Gemeindeämtern ab jetzt erhältlich. Nichts wie hin, dachte ich mir, und ging auf's Amt… Meine erste Bitte nach einer Wahlkarte wurde mit einem "Jetzt schon?!" quittiert, dann sagte die nette Dame, die Kollegin, die sich damit auskenne, sei in einer Besprechung und ich solle in einer halben Stunde wiederkommen. Ich trollte mich, ging ein Eis essen und hörte ein paar alten Nazis am Nebentisch zu. Dann ging ich wieder ins Gemeindeamt. Die wissende Kollegin war jetzt da, aber auch sehr erstaunt über meinen Wunsch. Und überhaupt, die Wahlkarten seien noch auf der Bezirkshauptmannschaft und die würde sie frühestens Ende August, also eher Mitte September, herausrücken. Wahl ist ja erst Ende September. Höflich wies ich auf meine kosmopolite Existenz und meine glühende demokratische Grundhaltung hin. Ja, meinte die Dame, vielleicht könnten meine Eltern die Wahlkarte abholen. Super, sagte ich, wenn das geht, muss ich da was unterschreiben, damit sie das auch dürfen? Nein, war die Antwort, man kenne sich ja hier. Das ist freilich wahr. Es stimmt auch, dass ich vor 16 Jahren auf besagtem Gemeindeamt ein Praktikum gemacht habe und mein Vater jahrzehntelang in der Kommunalpolitik tätig war. Trotzdem fühle ich mich doch etwas seltsam bei dem Gedanken, dass sich theoretisch jemand meinen Stimmzettel krallen und fröhlich für mich wählen könnte. Ganz abgesehen davon, dass meine Eltern durchaus zum politischen Aktionismus neigen…

1 comment:

Anonymous said...

Als Altnazi in Österreich zu sein, stelle ich mir frustrierend vor.